- Mittwoch, 4. Mai 2022
- Veröffentlicht durch: GGV
- Kategorie: Neuigkeiten,
Am 23. Oktober 2019 hat das Europäische Parlament die Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, verabschiedet. Die Umsetzung der Richtlinie bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 17. Dezember 2021 führt zu signifikanten Änderungen des Gesetzes Sapin II.
Ziel der Richtlinie ist es, ein einheitliches Schutzniveau für Hinweisgeber innerhalb der Europäischen Union zu gewährleisten. Die EU-Richtlinie nimmt besonders Unternehmen in die Pflicht. Daher sind diese auch die Ersten, die sich anpassen müssen. Entsprechend dem bereits in Frankreich seit der Einführung des Sapin-II-Gesetzes geltenden Schwellenwert werden nun EU-weit Unternehmen mit mehr als 50 Arbeitnehmern dazu verpflichtet, einen internen Meldekanal einzurichten.
Die erste wesentliche Änderung ist die Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs. Demnach kann künftig jede gutgläubig handelnde natürliche Person im Rahmen ihres (früheren, gegenwärtigen oder künftigen) Beschäftigungsverhältnisses und unter Einhaltung des vorgesehenen Verfahrens einen Hinweis melden. Die bisher in den französischen Vorschriften geltenden Voraussetzungen, nach denen der Hinweisgeber neben der Gutgläubigkeit auch uneigennützig handeln sowie persönlich Kenntnis von den gemeldeten Tatsachen haben muss, sind somit obsolet.
Die zweite wesentliche Änderung ist das gleichberichtigte Nebeneinanderstehen von internen und externen Meldungen. Der Hinweisgeber kann sich direkt an die zuständigen Behörden wenden, ohne zuvor den internen Meldekanal genutzt zu haben. Folglich gilt die bisher im französischen Recht vorgesehene Vorrangigkeit des internen Meldekanals nicht mehr. Darüber hinaus ist eine Offenlegung nicht nur dann möglich, wenn eine zuvor erfolgte Meldung erfolglos geblieben ist, sondern auch bei einer unmittelbaren oder offenkundigen Gefahr für das öffentliche Interesse, bei drohenden Repressalien, bei geringen Aussichten eines wirksamen Vorgehens gegen den Verstoß, bei Gefahr der Verschleierung von Beweismitteln oder bei der Gefahr von Absprachen zwischen dem Empfänger der Meldung und dem Urheber des Verstoßes.
Die Einrichtung wirksamer und unparteiischer interner Meldekanäle stellt daher eine absolute Notwendigkeit dar. Darüber hinaus geht es neben der Einhaltung der Gesetze auch darum, unvollständige Systeme zu vermeiden, welche die Tür für Meldungen bei Behörden oder in der Öffentlichkeit öffnen würden. Dies schadet zwangsläufig dem Ruf des Unternehmens, unabhängig davon, ob die Meldungen berechtigt sind oder nicht. Zu den Verpflichtungen hinsichtlich des internen Meldekanals gehören insbesondere die strikte Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers, die Möglichkeit mündliche oder schriftliche Meldungen zu erhalten und die strikte Einhaltung von Fristen: sieben Tage für die Eingangsbestätigung der Meldung und drei Monate für die Untersuchung der gemeldeten Tatsachen.
Schließlich schützt die Richtlinie neben dem Hinweisgeber auch sog. Mittler (Dritte die mit dem Hinweisgeber in Verbindung stehen) sowie mit dem Hinweisgeber verbundene juristische Personen (z.B. die in seinem Eigentum stehen) vor Repressalien (mehr dazu). Hinzu kommt die Beweislastumkehr im Falle von Repressalien sowie das Entfallen der zivil- und strafrechtlichen Verantwortung, selbst bei einer Offenlegung von Betriebsgeheimnissen (mehr dazu).
Fazit: Die Einrichtung eines zuverlässigen und effizienten internen Meldekanals ist unerlässlich, um zum einen im Einklang mit dem geltenden Gesetz Sapin II zu sein.